mallpassant.

frei nach Motiven im Werk von Guy de Maupassant
mit
Thomas Lackner

Produzenten: Cross Art e.V., Coburg und Institut für Angewandte Theaterwissenschaften der JLU Giessen
Regie&Text: Steffen&Lars Popp
Premiere am 01.05.01, Probebühne des Instituts für Angewandte Theaterwissenschaften der JLU Giessen
Weitere Vorstellungen: 03.und 05.05.01 – Schwarzer Bär, Coburg-Beiersdorf / 18. und 19.07.01 – Hamburger Kammerspiele (Festival „die Wüste lebt“) / 21.07.01 – Waggonhalle Marburg (Festival „Theatermaschine“)

Was passiert, wenn ein Schriftsteller im Zeitalter des Samplens und Klonens am Genie- und Einzigartigkeitsbegriff des vorvorletzten Jahrhunderts festzuhalten versucht? Wie findet Identität ihren Weg zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, zwischen Gedächtnis und Vergessen? Entstehen Ich-Doppelgänger durch Syphilis? Läßt sich der Wahnsinn des kreativen Prozesses theatral übersetzen? Ausgehend von Biographie und Werk des französischen Schriftstellers Guy de Maupassant (1850-1893), der im Glauben verstarb, von einem zweiten Ich okkupiert worden zu sein, unternimmt mallpassant. die Reise in den Kopf eines fiktiven Schriftstellers von heute. Die Stimmen von Freund, Mutter, Diener und Engel gewähren Einblick in den Abgrund seines Denkens und seiner Geschichte, während er sein letztes Werk „Der Engel“, das seinen Weg in den Wahnsinn beschreibt, abzuschließen versucht. mallpassant. ist ein Spiel mit dem Klang der Sprache, ein Wettstreit zwischen Hören und Sehen – und ein Exkurs über das Schreiben und die menschliche Psyche.

Material

mall (Seew. umspringend, verkehrt, verdreht [vom Wind]; nordd. übertr. für von Sinnen, verrückt)
Pas|sant, der; -en, -en (Fußgänger; Vorübergehender); Pas|san|tin

…Aber konkret verstehe ich nicht, wie es den Menschen gelingt zu leben. Ich habe das Gefühl, das eigentlich alle unglücklich sein müssten… Verstehn Sie, wir leben in einer derart einfachen Welt. Es gibt ein System, das auf Beherrschung, Geld und Angst beruht – ein eher männliches System, nennen wir es Mars; und es gibt ein weibliches System, das auf Verführung und Sex beruht, nennen wir es Venus. Das ist auch schon alles. Ist es wirklich möglich zu leben und dabei zu glauben, daß es nichts anderes gibt? Wie die Realisten des späten 19. Jahrhunderts glaubte Maupassant, dass es nichts anderes gebe; das hat ihn verrückt gemacht.» «Sie bringen alles durcheinander. Maupassants Wahnsinn ist nichts als ein klassisches, fortgeschrittenes Stadium der Syphilis. Jeder normale Mensch akzeptiert die beiden Systeme, von denen Sie sprechen.» «Nein. Wenn Maupassant verrückt geworden ist, dann deshalb, weil er ein scharfes Bewusstsein von der Materie, dem Nichts und vom Tod hatte – und weil in seinem Bewusstsein für nichts anderes Platz war. Er errichtete eine strikte Trennlinie zwischen seiner individuellen Existenz und dem Rest der Welt, worin er uns Heutigen gleicht. Das ist die einzige Art und Weise, wie wir heutzutage die Welt denken können…

Michel Houellebecq: Ausweitung der Kampfzone

Presse

NEUE PRESSE COBURG, 5. Mai 01: //  gelungene LiteraturTheaterHörkunstPerformance // ein spannungsreicher Diskurs über Kreativität und Kunst, über ihre Grenzen und das Scheitern des Genies, aber auch über die Einzigartigkeit des Individuums // Für Dynamik und Fortentwicklung der Figur sorgt vor allem das Tempo der Inszenierung von Ton und Schauspiel // Das spannende Theaterprojekt spielt auf nachdenkliche und dennoch unterhaltsame Weise mit den Genres

COBURGER TAGEBLATT, 7. Mai 01: // ein Diskurs über Sinn, über Zeichen und über deren Bedeutung // ein schockierendes, aufrüttelnd eindringliches Theatererlebnis // Der Abend wird so zur wohl bisher bedeutendsten Produktion der Cross-Art Truppe // Steffen Popp hat ein reifes Werk vorgelegt, in dem er sich mit Hilfe der Technik große zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten geschaffen hat, ohne in Effekthascherei zu verfallen

GIEßENER ALLGEMEINE, Nr. 103: // eine große Herausforderung an die Körpersprache, an Gestik und Mimik des Schauspielers

DIE WELT, 20. Juli 2001: // Mit der Stille konfrontiert // Die Wüste lebt? Nun ja – die beiden letzten Premieren kamen dem Tod schon sehr nahe. (…) Der Regiestudent Steffen Popp hat für sein Hörtheater einen weniger konkreten Ort gewählt. „Mallpassant“ spielt am Rande des menschlichen Bewusstseins. Der einzige Schauspieler (Thomas Lackner) stellt einen Schriftsteller dar, der am Ende seines Lebens dem Wahnsinn anheim fällt. Er kriecht über einen Berg aus bunten Spielzeugbuchstaben und kritzelt Papierfetzen mit Sätzen voll. An den vier Wänden stehen Lautsprecher, die wie ein Echo sein Rascheln, Reiben und Schreiben vergrößern und vervielfältigen. In Anlehnung an den französischen Schriftsteller Guy de Maupassant, der in der Erzählung „Le Horla“ die Anfänge seiner eigenen Persönlichkeitsspaltung dokumentierte, zeigt Popp die Psychose eines Künstlers im fortgeschrittenen Stadium.
„Du verstummst, weil du Angst vor deiner Stimme hast“, sagt eine Stimme aus dem Lautsprecher. Und tatsächlich spricht der Schauspieler während der ganzen Aufführung kein einziges Wort. Für Steffen Popp liegt der Reiz dieser Performance in der Trennung von Bild- und Tonebene. Und auch sein Akteur ist von der Spielidee begeistert. Denn bevor Thomas Lackner zum Schauspiel kam, arbeitete er sieben Jahre beim österreichischen Rundfunk. Nun ist er überglücklich, in einem Stück zu spielen, in dem er die ganze Zeit schweigen darf.

HAMBURGER ABENDBLATT, 20. Juli 01: // Innig, fast tranceartig arbeitet sich der Wiener Schauspieler an diesem Kinderzimmer ab


Beitrag veröffentlicht

in

, , ,

Schlagwörter: