Die gestrigen Aussagen zu den ersten Corona-»Lockerungsübungen« belegen leider, auch Dank Leopoldina, dass auch die Sorgen und Nöte, damit zugleich auch die tröstenden, sinnstiftenden, verbindenden Funktionen der Kulturbranche aktuell komplett vom Radar der Relevanz verschwunden sind.
Leider macht das Virus nun auch ein Wort Heiner Müllers wahr, der dieses aber als Selbstkritik wie potentielle Streikform verstanden wissen wollte:
EINZIGE MÖGLICHKEIT HERAUSZUFINDEN WAS EINE ANTWORT SEIN KÖNNTE DARAUF ALLE THEATER SCHLIESSEN DANN WEISS MAN HINTERHER VIELLEICHT WARUM THEATER
Quelle hab ich gerade nicht mehr parat, reich ich nach, wenn ich sie wiederfinde. Jedenfalls: Ich bin auf die Auswertung der stillschweigenden Umfrage ab September gespannt.
Als Vorschein dazu und auch in Ergänzung zu gestern ein Lektüretipp für diejenigen, die der Corona-Tagebücher müde sind, aber nicht der famosen Protokollierung des Trumpozäns:
Ich denke, der Autor Francis Nenik (den ich nachher dazu noch anmailen werde) hat nichts dagegen, dass ich hier seinen vorletzten Eintrag einmal vollständig zitiere:
13-04-2020
Im Netz wimmelt es inzwischen vor Corona-Tagebüchern, und die Zeitungen, Blogs und Nachrichtenseiten berichten ausführlich darüber. Nur dieses Tagebuch hier scheint niemand lesen zu wollen. „Nicht von Interesse“, heißt es aus den Redaktionen. Und das nun schon seit über drei Jahren. Was von Dauer ist, hat offenbar keinen Nachrichtenwert. Und selbst wenn: Das Politische ist nur interessant, wenn es vom Privaten erzählt. Will sagen: Die Tiefenbohrungen im eigenen Nabel sind wichtiger als die in den Ölfeldern von Texas. Aber die kann ich nicht liefern. Ich bohre mich lieber durch einen ganzen Staatskörper durch, auch auf die Gefahr hin, dass das niemanden interessiert. Manchmal wird selbst mir das zu viel. (Oder zu wenig, wenn ich die Zugriffszahlen betrachte). Dann frage ich mich, was das hier alles soll, und habe keine Lust mehr, weiterzumachen. Aber ich bin nicht gut darin, aufzugeben. Also schreibe ich weiter und schaue dabei zu, wie meine kontinuierlichen Aufzeichnungen zwischen lauter kleinen Apokalypsen versinken.
Francis Nenik: Tagebuch eines Hilflosen
Von ihr zu lernen »von Dauer (zu) sein, auch ohne Nachrichtenwert« und »Nicht gut darin zu sein, aufzugeben« – das wären mal so erste Ideen für eine potentielle Clickbait-Liste der 10 krassesten und unbekanntesten Fakts, Wieso Weshalb Warum Wofür du Kultur brauchst.
Bitte heiter weiter scheitern!