Dies erlaubt zu sagen, dass es seit Hegel kein anderes philosphisches Hauptproblem gibt als dasjenige, die Dialektik ihrerseits zu konvertieren, zu versetzen oder zu ersetzen, zu zerbrechen oder zu dekonstruieren. Ob es um die Revolution geht oder um den entzogenen Tod, um die Liebe, um die Kunst oder um die Ökonomie, es handelt sich immer um die gleiche Problemstruktur: Es gibt einen Überschuss an Negativität, einen Verlust oder einen Rest als Überschuss, etwas jedem Kalkül Überzähliges, das mit der Vernunft zu prüfen uns unmöglich ist. In gewissem Sinne besitzt die Technik die Natur und die Struktur diese unbestimmten Verlierens oder Verlustes: Sie trennt auf, zerstört, verlagert, nicht um neu zu bilden, sondern um weiter zu verlagern, und ist somit nicht am Möglichen ausgerichtet, sondern an der wiederholten Ermöglichung des Unglaublichen und Unerhörten (mehr performance, mehr Information, mehr Transformation.) (…) wenn man also affirmieren muß, dann sei unsere Affirmation jene des Unmöglichen.
Wenn man das Unmögliche affirmiert, dialektisiert man es nicht, man domestiziert es nicht, man verkehrt es nicht in Mögliches, aber man treibt auch nicht das Spiel der nihilistischen Verzweiflung.
Jean Luc Nancy: Philosophische Chroniken. Zürich/Berlin: diaphanes, 2009, S. 60f.
UNdialektik
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