Ein Zitat des Soziologen Dirk Baecker, das ich heute in einem Interview las, beschäftigt mich schon den ganzen Morgen in meinen Überlegungen, wie das Theater noch stärker auf die Netzwerkgesellschaft reagieren und sich zu einem Internetheater wandeln müsste. Leider habe ich gerade keine Zeit, meine Gedanken dazu hier weiter auszuführen. Aber vielleicht mag ja jemand von euch da draußen stellvertrend heftig zustimmen oder widersprechen?
Die Performance greift tiefer und thematisiert die Lage des Individuums am Ende der Buchdruckgesellschaft und im Übergang zur Computergesellschaft. Es macht einen Unterschied, ob ich es mit Individuen zu tun habe, die sich im Umgang mit Büchern zu kritischen, wenn auch immer etwas idealistischen Lesern gebildet haben, oder mit Individuen, die mit ihren Suchmaschinenrecherchen, mit ihren social media accounts und mit ihren Abhängigkeiten von den Algorithmen ihrer Computerprogramme versuchen, ihrer eigenen Nervosität Herr zu werden, und dabei die Nervosität aller steigern. Die Performance ist in meinen Augen der radikale Blick auf das, was vom Menschen bleibt, wenn man ihn nicht aus den Kontexten heraus, in denen er sich bewegt, immer schon zu gut versteht. (…) Künstler notieren das Ende des kritischen Lesers und des authentischen Bürgers und suchen nach Bildern, Gesten und Tonfällen, die den Menschen als Chamäleon in den Netzwerken der Computergesellschaft kennzeichen.
Dirk Baecker/Matthias Lilienthal/Tobi Müller: „Hoffnung auf Ereignishaftes in der Erwartungserfüllungsanstalt“. In: Import Export. Arbeitsbuch zum HAU Berlin. Berlin: Verlag Theater der Zeit, 2012, S. 15f.