MOUNT BLANK

Das Weiß. Weithin klaffend unter ihnen, bis an den Rand ihres Sehkreises, seitdem sie den Polar­kreis pas­siert hatten, stechend in der Retina mit seinem hohen Anteil an Ultraviolett. Manch­mal brach es sich an einer Bewegung der Luft oder einer Kante des trans-antarktischen Gebirges und blendete das Auge mit einem Regenbogen-Auf­blitzen des Spektrums.
Sie sagte, dass es die Zeit selbst sei, die hier über die Jahrtausende die Ausläufer des weißen Gebirges geschaf­fen habe. Nicht als geophysischen Prozess, son­dern als ein Anstürmen ge­gen eine unsichtbare Grenze, als verzweifeltes Aufbäumen Weh­klagen über das Schwinden ihrer Macht in Richtung des Pols.
–Das Weiß. Welchen Klang hat es für dich?
–Sehr viele sehr hohe Obertöne.

Melchior, ein junger Polizeiphotograph, erwacht irritiert in seinem Appartement. Da war dieser Flugzeugabs­turz. Er hatte einen besonde­ren Ausflug geplant: die Umkreisung des Mount Erebus, des südlichsten ak­tiven Vul­kans der Erde. Doch etwas ließ den Privatjet gegen den Berg prallen. Elena, Filmstarlet und Mel­chiors frischgeba­ckene Frau, ist dabei ums Le­ben gekommen. Wenn er sich nur erinnern könnte, was seitdem gesch­ah. Seine Streifzüge durch die Kieze der Me­gacity Ruhrrhein jedenfalls bringen nur die Erkenntnis, dass um ihn herum immer mehr Men­schen ver­schwinden. Bis ihm eine Kamera in die Hände fällt, die vielleicht nicht nur die Wahrheit ans Licht bringen, sondern sie auch verändern könnte.

Mount Blank oder Über Lichtes Unmaß entwirft den Film Noir einer uns nicht besonders fernen dystopischen Megacity, die von Äthernetz-Technik, Über­wachung, Kriegsberichterstattung, Hollywood-Mafia und Porno beherrscht wird: eine mögliche nahe Zukunft und zugleich mentale Landschaft für Melchiors Erinnerungsarbeit an eine verzweifelte amour fou und ihr katastrophales Ende.


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